Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz (PsychThGAusbRefG) von 2019

Ebenso sperrig wie der Name klingt, ebenso kompliziert ist der Reformprozess selbst. Schon bald nach in Krafttreten des aktuellen Psychotherapeutengesetz aus dem Jahre 1998 wurde klar, dass es einigen Verbesserungsbedarf gibt: Die unzureichende Bezahlung der PiA während ihrer Praktischen Tätigkeit ist mittlerweile allgemein bekannt. Aber auch die unklaren Zugangsregelungen, nachdem im Rahmen der Bologna-Reform das Diplom wegfiel und stattdessen Bachelor- und Masterabschlüsse die Regel wurden, machte eine Erneuerung dringend notwendig. Seit Jahren engagieren sich PiA und approbierte Kolleg*innen in der Politik und Gesellschaft für eine Verbesserung der Ausbildungsbedingungen. Zwei Legislaturperioden lang stand die Reform im Koalitionsvertrag, wurde aber aus Zeitgründen nicht umgesetzt. Im Januar 2019 veröffentlichte dann das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unter Jens Spahn einen ersten Referentenentwurf – der kontrovers diskutiert wurde. Nach diversen Veränderung und politischen Einwirkungen von Fach- sowie Berufsverbänden und Psychologiestudierenden (PsyFaKo) sowie PiA (PiA-Politik-Treffen, PiA-Forum) wurde das neue Ausbildungsgesetz (PsychThGAusbRefG) am 26. und 27. September 2019 im Bundestag verlesen und am 08. November 2019 im Bundesrat verabschiedet. Das neue PsychThG ist somit ab 01.09.2020 wirksam geworden!

Hier eine Übersicht zu den Veränderungen

PiA, PT1, PT2 – da kann man schon einmal durcheinanderkommen. Nachdem zahlreiche PiA sich jahrelang durch das System gearbeitet haben, gibt es jetzt ein neues System. 

Wir bringen Licht ins Dunkel!

PiA – steht für Psychotherapeut*in in AUSbildung (altes System)

Die AUSbildung startet nach dem Studium an privaten oder universitären Instituten. Die PiA entscheiden sich für eine Fachkunde*** Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Therapie, Analytische Psychotherapie oder Systemische Therapie. Je nach Fachkunde kostet die AUSbildung zwischen 20.000 und 90.000 Euro, die die PiA selbst zahlen müssen. Häufig ist die Ausbildung für PiA nicht in Vollzeit möglich, da sie sich über Nebentätigkeiten finanzieren müssen und die AUSbildung daher nicht in Vollzeit absolvieren können.

PtW – steht für Psychotherapeut*in in WEITERbildung (neues System)

Die WEITERbildung startet nach dem Studium und Approbation an einer anerkannten Weiterbildungsstätte. Die PtW entscheiden sich für ein Gebiet (Erwachsene, Kinder und Jugendliche, Neuropsychologie) und einen Bereich (Verfahren: Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Therapie, Analytische Psychotherapie oder Systemische Therapie). Die WEITERbildung muss in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis (also Anstellung) erbracht werden. Die Vergütung sollte auf Basis der Qualifikation durch Master UND Approbation als Psychotherapeut*in erfolgen. Nach TVÖD entspricht das einem E14-Gehalt (4401.04€ brutto). 

Wir als PiA-Forum unterstützen die Reform des Ausbildungssystems und freuen uns für alle zukünftigen PtW.  Die PtW-Anliegen werden vom PtW-Forum Berlin vertreten (Kontakt). 

Für alle PiA und PiA-Unterstützer*innen:

Als PiA-Forum setzen wir uns für die Belange der Psychotherapeut*innen in AUSbildung (PiA) ein. Die PiA arbeiten weiterhin weit unter Mindestlohn und haben aktuell einen großen Druck, die Ausbildung bis zur Frist 2032 zu absolvieren. Wir möchten einen Ort bieten, um diese Zeit gemeinsam zu schaffen – gemeinsam sind wir stark! 

PiA verdienen in der Praktischen Tätigkeit 1 (PT1) bisher zwar endlich gesetzlich vorgeschrieben 1000€ brutto. Das jedoch für 26 Wochenstunden. Diese gelten in der PT1 als Vollzeit, da die PiA zusätzlich mehrere Stunden Ausbildung absolvieren müssen – für die PiA selbst bezahlen müssen. So entsteht eine absolute Minusrechnung – Ausgaben von 20.000 bis 90.000 je nach Psychotherapieverfahren gegenüber 1000€ brutto Verdienst. Für die Praktische Tätigkeit 2 (PT2) gibt es dagegen keine gesetzliche Vorgabe. Mit etwas Glück gibt es die 1000€ brutto, bei vielen Stellen jedoch weiterhin weniger bis gar nichts. 

Und auch im letzten Abschnitt der Ambulanz sieht es leider nicht besser aus für PiA: Die 600 vorgeschriebenen Psychotherapiestunden werden mit mindestens 40% des Kassensatzes vergütet. Das heißt: Die Institute bekommen einen verhandelten Satz pro Psychotherapiestunde (der Kassensatz beträgt laut EBM der KBV Stand 2024/1 112,30€) und geben davon mindestens 40% an die PiA weiter – je nach Institut zwischen 40-50%. Von diesem Verdienst gehen jedoch weiterhin die Ausbildungskosten ab, die je nach Institut unterschiedlich sind: Supervisionen (ca. 100€/Stunde), Selbsterfahrungskosten (Gruppenkosten vs. Einzelkosten à 100€/Stunde), Prüfungskosten (teils bis zu 1000€ für Anmeldung, zusätzliche Supervisionen, Kosten im Institut). Zudem ist die Anzahl der Patient*innen, die behandelt werden dürfen durch die Zahl der Stunden (600h), Längen der Therapien je nach Verfahren und spezifischen Vorgaben vom Institut begrenzt. Es entstehen regelmäßig Verdienstausfälle bei Krankheit der Patient*innen, PiA oder auch Supervisor*innen, sodass die meisten PiA die Ambulanzzeit durch Nebenjobs finanzieren müssen. 

Dazu kommt jetzt noch der Druck, die Ausbildung schnellstmöglich zu beenden, da einige Institute schon angekündigt haben, dass sie die Ausbildung einstellen.

Wir finden, dass die Zeit bis 2032 zu lang ist, um die PiA weiterhin in dieser prekären Situation allein zu lassen.

Dazu sind wir im regen Austausch mit Berliner PiA – in den Forumstreffen, Arbeitsgruppen und auch bei Protestaktionen.

Für Fragen und Ideen schreibt uns gern und engagiert Euch! Gemeinsam sind wir stark!